Objekt des Monats Dezember
Chronik der Hausfrau
Häuslichkeit! Du schöner Abendstern!
Mit diesen Worten von August von Kotzebue (1761–1819) beginnt die „Chronik der Hausfrau“ — ein Alltagshelfer für die vielbeschäftigte Hausfrau und Mutter. Schön und nützlich sollte das Buch sein, mit Sinnsprüchen und Lebensweisheiten versehen, Ratschlägen für die Organisation im Haushalt und ausreichend Platz für eigene Notizen. So ersann Theodor Weyler sein „Gedenk- und Notizbuch für‘s Haus mit vielen Illustrationen“, das er im Oktober 1880 veröffentlichte. Verkauft wurde es zu 4 Mark pro Stück. Die Druckerei Hübel & Denck übernahm die Herstellung und der Leipziger Verlag Richard Eckstein pries das „prächtig ausgestattete“ Buch mit Lesebändchen im November 1881 im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel an.
Der Einband ist überwiegend in einem Blauton gehalten und zeigt aufwändige naturalistische und ornamentale Prägungen in Gold und Schwarz. Der Buchtitel ist rot auf goldenem Grund geprägt. Die „Chronik der Hausfrau“ umfasst eine Auflistung von Feier- und Gedenktagen, Tagebuch-Blätter, Betrachtungen zum Berufsstand der Hausfrau verbunden mit einem Ratgeber und verschiedene Listen für verliehene Bücher und Musikalien, Geschenkideen und auch Anschaffungen. Selbstverständlich dürfen eine Übersicht über Rezepte, die Hausapotheke, ein Gartenkalender und eine Aufstellung der Haushaltskasse nicht fehlen. Auf 216 Seiten findet die Hausfrau des ausgehenden 19. Jahrhunderts alles Wissenswerte zum erfolgreichen Führen eines Hausstandes.
Im Jahr 1880 heiratete Wilhelm Ostwald Helene von Reyher. Möglicherweise erhielt Helene das Büchlein als Geschenk zur Hochzeit. Bis auf einige Tagebuchblätter hat sie keine Notizen darin hinterlassen. Auf 13 Seiten stellte sie eine Art Familienstammbaum zusammen. Beginnend mit den Lebensdaten ihrer Eltern Carl Christoph von Reyher (1817–1890) und Helene Marie Mathilde von Reyher geb. Ulmann (1821–1904), notierte sie auch zu jedem ihrer zehn Geschwister die Geburts- und mitunter auch Sterbedaten und deren Lebensstationen auf. Außerdem beschrieb sie ihren eigenen Bildungsweg, ihre erste Anstellung, den Aufenthalt bei ihrem Onkel, das Kennenlernen mit Ostwald währenddessen und schließlich ihre Heirat. Es folgen Aufzeichnungen über die Geburten ihrer eigenen Kinder, deren Taufpaten und schließlich, 1887, der Umzug nach Leipzig. Helene betonte den „schweren Abschied“ von ihren Eltern, indem sie diese Worte doppelt unterstrich.
An diesem Punkt endet die gleichmäßige Kurrentschrift. Die Eintragungen zu Helenes Schwiegereltern, Gottfried Ostwald (1824–1903) und Elisabeth geb. Leuckel (1832–1920) sowie den Großeltern Wilhelm Ostwalds sind auf zwei Tagebuchseiten mit veränderter Handschrift nachzulesen. Diesen folgen die Daten der Goldenen Hochzeit von Wilhelm und Helene Ostwald 1930 und von Wilhelms Eltern 1899 sowie der Hochzeitstag von Helenes Eltern wieder in der ursprünglichen Handschrift. Der letzte Eintrag umfasst die Lebensdaten von Helenes Mutter. Dieses Tagebuchblatt trägt ein Zitat von Berthold Auerbach: „Die Liebe, die sterben konnte, war keine Liebe.“ Helene hat diese Worte doppelt unterstrichen.
Maße: H x B x T = 18,5 × 13,5 × 1,5 cm
Fester Einband, Schmuckprägung
Quelle: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, Nr. 265, 1881.