Objekt des Monats August
Festschrift „Was wir Ernst Haeckel verdanken“


Am Anfang des 20. Jahrhunderts führte der Monismus zwei bedeutende Naturwissenschaftler der Universitäten von Jena und Leipzig zusammen, Ernst Haeckel (1834 – 1919) und Wilhelm Ostwald (1853–1932). Beiden gemeinsam waren die weit über den eigenen Fachbereich hinausgehende Interessen und Forschungen. Haeckel studierte zunächst Medizin in Würzburg und Berlin, unter anderem bei Rudolf Virchow (1821 – 1902). Virchow erklärte die körperlichen Funktionen im menschlichen und tierischen Körper durch die Interaktion der Zellen und ohne die Mitwirkung einer immateriellen Lebenskraft. Haeckel nahm einerseits die empirischen Erklärungsansätze Virchows begeistert auf, erkannte darin jedoch Widersprüche zu seinem christlichen Glauben. Als Mediziner praktizierte Haeckel nur sehr kurzzeitig 1857/58, wandte sich dann im Zuge seiner angestrebten Habilitation den Naturwissenschaften, speziell der Zoologie zu. Besonders beeinflusst wurde er von Charles Darwins Publikation „Über die Entstehung der Arten“, die das religiös geprägte Weltbild der Zeit fundamental in Frage stellte.
1862 wurde Haeckel in Jena zunächst zum außerordentlichen, später zum ordentlichen Professor und ersten Ordinarius für Zoologie berufen. Neben zahlreichen meeresbiologischen Forschungen entwickelte Haeckel, auf Darwin aufbauend, eigene Vorstellungen zur Entwicklungslehre des Menschen. In weitgehender Abkehr von religiösen Vorstellungen vertrat er schließlich eine monistische Naturphilosophie, unter der er eine „Einheit von Materie und Geist“ verstand. Anfang 1906 wurde auf seine Initiative der Deutsche Monistenbund in Jena gegründet, der verschiedene monistische Bestrebungen mit naturwissenschaftlicher Basis zusammenführte und dessen Ehrenpräsident Haeckel wurde.
Wenige Jahre zuvor war Wilhelm Ostwald im Kontext der Ausarbeitung seiner eigenen energetischen Naturphilosophie auf Haeckels wissenschaftliches Werk aufmerksam geworden. Vorrangig aus Altersgründen war Haeckel bestrebt, den Vorsitz des Monistenbundes abzugeben. Ende 1910 erklärte sich Ostwald bereit die Führung zu übernehmen, was durch seine Wahl zum 1. Vorsitzenden auf der V. Hauptversammlung 1911 in Hamburg bestätigt wurde.
Anlässlich seines 80. Geburtstags am 16.2.1914 wurde Haeckels Lebenswerk vom Monistenbund mit einer zweibändigen Festschrift unter dem Titel „Was wir Ernst Haeckel verdanken“ gewürdigt; herausgegeben im Leipziger Unesma-Verlag Wilhelm Ostwalds. Auf zirka 850 Seiten sind Beiträge von 123 Autoren versammelt, die Haeckel als Wissenschaftler, Monisten und Mensch in ganz verschiedener Weise würdigen. Neben den zahlreichen Textbeiträgen finden sich in der Festschrift auch fünf Porträts Haeckels sowie sechs Reproduktionen von Landschaftsaquarellen Ernst Koerners (1846 – 1927), die dieser auf einer Reise mit Haeckel 1873 angefertigt hatte. In einem allgemeinen Teil schildert der Herausgeber und Haeckel-Schüler Heinrich Schmidt (1874 – 1935) auf knapp 190 Seiten „[…] welchen Beitrag Ernst Haeckel zur Kultur der Jahrhunderte geleistet hat.“, verdeutlicht durch ein zwölfseitiges Schriftenverzeichnis des Jubilars. Ostwalds Aufsatz erhielt den Ehrenplatz direkt im Anschluss und eröffnet die Reihe der Festbeiträge unter dem Titel „Was ich Ernst Haeckel verdanke“.
Beide Bände der Festschrift haben die Maße von jeweils zirka 22,5 × 17 × 3,5 Zentimeter. Die Einbände sind in türkisfarbenem Leinen gebunden, Titel und Buchrücken mit Ornamenten in Goldprägung in zeittypischen, dem Jugendstil verpflichteten Formen gestaltet. Neben dem Monistensymbol im Zentrum – ein Hexagon mit Flamme unter Sternen – sind seitlich senkrechte Streifen mit zoologischen Motiven angeordnet, welche von Haeckels Naturstudien inspiriert waren, die er unter dem Titel „Kunstformen der Natur“ zwischen 1899 und 1904 als farbige Lithografien veröffentlicht hatte.