Objekt des Monats Februar 2023
Glasbilder


Zeit seines Lebens bewunderte Wilhelm Ostwald die Farbigkeit von Kirchenfenstern. Ostwald selbst berichtete, dass ihn bereits in Knabenjahren darin die „schönsten Farben erscheinen, die uns zu erleben vergönnt [sind]“. Im Museum finden sich zwei Bleiglasbilder und stellen die Symbole zweier großer Themen in Ostwalds Leben dar. Eines der Glasbilder zeigt das von Emil Pirchan gestaltete Signet der 1911 von Karl Wilhelm Bührer und Adolf Saager gegründeten Brücke – Institut zur Organisierung der geistigen Arbeit. In einem kreisrunden Medaillon ist eine dunkle Bogenbrücke auf goldenem Grund dargestellt. Ostwald unterstützte dieses Vorhaben maßgeblich, da er sich selber intensiv mit der Frage beschäftigte, wie das stetig anwachsende Wissen der Welt möglichst effektiv, mit so wenig Energie- und Ressourcenaufwand wie möglich, organisiert und verfügbar gemacht werden könnte. Leider scheiterte diese Unternehmung nur zwei Jahre später aus finanziellen Gründen.
Im Hexagon des zweiten Glasbildes ist das Symbol des Deutschen Monistenbundes – eine rote Flamme vor blauem Sternenhimmel – zu sehen, der als freidenkerische, religionskritische Organisation 1906 federführend von dem Naturwissenschaftler Ernst Haeckel in Jena gegründet wurde. Ostwald folgte diesem 1911 bis 1915 als Vorsitzender und vertrat energisch den Energetismus als Grundlage allen Seins, bei dem alle natürlichen Veränderungen und Entwicklungsprozesse auf die Umwandlung von Formen der Energie zurückgeführt werden.
Der Monismus als naturwissenschaftliche Weltanschauung war ebenso wie Die Brücke eine Herzensangelegenheit Ostwalds. Beides strahlte hell, aber nicht dauerhaft. Die Mitarbeit im Monistenbund gab Ostwald nach 4 Jahren größten Engagements 1915 vor dem Hintergrund interner Verwerfungen im Zuge des Ersten Weltkrieges auf.
Die Brücke als verbindendes Element findet sich unter anderem auch auf Broschüren, Karteikarten sowie als Briefbeschwerer. Das Flammensymbol findet sich ebenfalls auf weiteren Objekten, in Form einer Krawattennadel, Tischfahnen und den monistischen Schriften. Sogar am Haus Glückauf im Wilhelm Ostwald Park fanden die beiden Symbole eine weitere Verwendung: im Balkongitter begegnen sie dem aufmerksamen Betrachter als Zierelement. Auch die beiden Glasbilder hatten ursprünglich ihren Platz am Haus Glückauf, welches im Jahr 1914 errichtet wurde. Ende der 1980er Jahre wurden sie entfernt und in einem Schuppen gelagert. Dort vergaß man sie zunächst. 1990 wurden sie nach ihrer Wiederentdeckung in einer Werkstatt in Leipzig restauriert und können heute im sogenannten Brückeraum der Dauerausstellung besichtigt werden.
Maße
Glasbild Brücke 34,5 × 47cm, Medaillon 25,5 cm im Durchmesser
Glasbild Flamme 34,5 × 47cm, Hexagon 26,5 cm Breite, 23,5 cm Höhe