Objekt des Monats Januar 2023
Landschaftsmalerei auf Teneriffa


Wilhelm Ostwald widmete sich über Jahrzehnte hinweg der Malerei als Ausgleich zu seiner wissenschaftlichen Arbeit. Dominierendes Element ist dabei die Landschaft. Die meisten Werke sind auf Papier im A4-ähnlichen Format und enthalten selten Zeit und Ort der Entstehung. Anfänglich probierte er sich in der Aquarelltechnik. Um beim Malen in freier Natur witterungsunabhängig zu sein entwickelte er später eine Technik mit verdünnter Ölfarbe auf präpariertem Zeichenkarton. In der Sammlung des Museums befinden sich zahlreiche Küstenansichten, gern von der Insel Rügen aber auch verschiedenen südlichen Erholungsgebieten wie Brioni in der Adria oder den oberitalienischen Seen. Jedoch waren auch Gebirgslandschaften, beispielsweise der Alpen oder der Sächsischen Schweiz, gern gewählte Motive.
Die starken Beanspruchungen der letzten Monate im Jahre 1912 hatten den von Wilhelm Ostwald gern benannten Energievorrat erschöpft und so reiste er für zwei Wintermonate gemeinsam mit seiner ältesten Tochter Margarethe auf die kanarische Insel Teneriffa. Aus Erfahrung vorheriger Malreisen wusste Ostwald, dass nach wenigen Tagen einsamen Malens die intensive Reizung seiner künstlerischen Gehirnabschnitte die Regenerierung der überbeanspruchten Partien förderte.
Dem Reisebericht nach suchten beide nach einer südlichen Erholungsmöglichkeit, welche Margarethe Ostwald folglich beschrieb: „Die größte Vorsorge trafen wir beide für das Malgerät und vergaßen nicht, genug Ultramarinblau mitzunehmen, denn der Atlantische Ozean würde in all seiner Bläue anrollen und unser Hauptmotiv sein. Zum Aufenthalt war vorsorglich die Westküste mit Sonnenuntergang hinter dem Atlantik ausgesucht worden, und die erwartete Schönheit wurde durch die Wirklichkeit noch weit übertroffen.“
Wilhelm Ostwald und seine Tochter Margarethe wohnten in einem kleinen und sehr ruhigen Uferhotel in Puerto Orotava. Laut der Beschreibung der Tochter gingen beide morgens vor dem Frühstück schon malen, um bis zum Sonnenuntergang jeder vier Bilder zustande gebracht zu haben. Margarete resümierte schließlich: „Mit einem, wie mein Vater hoffte, großen Energievorrat und einer reichen Malernte ging es heimwärts in Wintergrau und Winternebel hinein.“
In der Sammlung des Wilhelm Ostwald Parks befinden sich 37 Bilder mit verschiedenen Motiven von Teneriffa, wie Küsten- und Gebirgslandschaften oder auch Pflanzendarstellungen und vereinzelt Architekturen. Dieser Objektbestand der Landschaftsmalerei auf Teneriffa ist in zweifacher Hinsicht hervorzuheben, da die Bilder in einem größeren Format mit den Maßen 48 × 34cm entstanden und weil es keine späteren Landschaftsbilder aus der Hand Wilhelm Ostwalds in unserer Sammlung gibt.
Ab 1914 nahm Wilhelm Ostwald den Auftrag des Deutschen Werkbundes an, eine universelle Farbkarte auszuarbeiten. Diese Aufgabe wuchs unter seinen Händen zu einem wissenschaftlichen und künstlerischen Themenkomplex, der ihn bis zu seinem Lebensende begleitete und seine spätere Malerei motivisch wie stilistisch stark beeinflusste. Landschaften spielten dabei keine Rolle mehr.
Quelle: Mein Vater von Grete Ostwald