Objekt des Monats Oktober 2023
Die Nähmaschine


Der größte Nähmaschinenproduzent in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland war die Firma Seidel & Naumann mit etwa 80000 Nähmaschinen pro Jahr. 1868 von Bruno Naumann in Dresden gegründet, umfasste das Sortiment nicht nur Nähmaschinen, sondern auch Schreibmaschinen und später sogar Fahrräder.
Im Museum befindet sich eine mit farbigem und goldenem Blütendekor verzierte Seidel & Naumann Typ Saxonia Regia mit der Seriennummer 2.415.201. Es ist eine besonders schöne gusseiserne Handnähmaschine mit einer geigenähnlichem Fundamentplatte, die auf einer Holzplatte mit eingelassener 40cm-Messleiste montiert ist. Dabei handelt es sich um eine Langschiffchennähmaschine nach dem Vorbild Singers, bei der sich eine schiffchenähnliche Spulenkapsel an der Unterseite der Nähmaschine hin und her bewegt. Rechts und links der Stichplatte sind zwei Plattenschieber, links mit Saxonia Regia und rechts Wilh. Frenzel Leipzig graviert. Das Dekor des rechteckigen Gehäuses, in welchem die Nadelstange verläuft, erinnert mit seiner geometrischen Linienführung an Art Deco. Auf der rechten Seite des Näharms ist eine Metallplakette mit einer Informationstabelle zu Nadel- und Garnstärken angebracht, sowie darunter eine runde Messingmarke mit den ineinander verschlungenen Buchstaben S und N, sowie dem umlaufenden Text: Seidel & Naumann Dresden Maschine Naumann. Um die Nähmaschine zum Laufen zu bringen, wird das Handrad in Richtung der nähenden Person gekurbelt. Dadurch ist die Maschine mobiler als es ein Modell mit Fußpedal, was zudem auf einem Gestell ruht. Die Maschine näht einen Geradstich mit einstellbarer Stichlänge, führt sowohl Stopf- als auch Stickarbeiten aus. Dadurch war sie ein willkommener, weil vielseitig verwendbarer Helfer für die Hausfrau zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Im Hause Ostwald wurde allerlei ausgebessert und genäht, denn fünf Kinder und später mehrere Enkelkinder sorgen für jede Menge Ausbesserungsarbeiten. Ostwald selbst überlieferte in seinen Lebenslinien, dass er seiner Mutter von seinem ersten verdienten Geld eine Nähmaschine schenkte. Das war um 1870 in Riga, die Nähmaschine eroberte gerade erst die Privathaushalte. Die Mutter freute sich sehr über dieses hilfreiche Geschenk. Tochter Grete berichtete in Mein Vater, dass Ostwald sich bei seinen Arbeiten zur Farbfibel weder von Unterhaltungen seiner Frau noch an der Nähmaschine störte, die offenbar im „allgemeinen Wohnzimmer“ stand. Dorthin zog er, um an kalten Tagen in den Genuss eines beheizten Raumes zu kommen.
Holzplatte 51×25,5 cm
Nähmaschine 38×18×20 cm