Objekt des Monats März 2021
Das Ostwald-Brauer-Verfahren
Foto: Nachbau Modell-Apparatur zur Ammoniak-Verbrennung
… zur Gewinnung von Salpetersäure
(HNO3, Namensgebung durch Sal Petrae (lat.) = Felsensalz KNO3)
Salpetersäure ist eine der drei wichtigsten Säuren in der chemischen Industrie. Sie wird hauptsächlich zur Herstellung von Stickstoffdüngemitteln verwendet. Außerdem dient sie als Ausgangsstoff für die Synthese von Sprengstoffen, Kunststoffen und Chemiefasern, und sie wird zum Beizen von Metallen eingesetzt.
Wilhelm Ostwald beschreibt das Verfahren in seinen Lebenslinien, Bd. II, wie folgt: „Als Ausgangspunkt diente ein wohlbekanntes Vorlesungsexperiment. In ein Kelchglas werden einige Tropfen konzentrierte Ammoniaklösung gegossen. In das Gemisch von Luft und Ammoniakgas, welches im Glase entsteht, hängt man eine glühend gemachte Spirale von Platindraht. Dann glüht der Draht fort und das Glas füllt sich mit roten Nebeln von Stickstoffperoxyd. Es wurde also ein einfaches Gerät aufgebaut, welches ein möglichst vollständiges Aufsammeln der entstehenden Stickoxyde ermöglichte. Schon der erste Versuch ergab, daß mehr als die Hälfte des verbrannten Ammoniaks in Salpetersäure übergegangen war, wobei der Katalysator aus einem kleinen Streifchen von Platinblech bestand, das mit Platinschwamm bedeckt war. Die schwierige Arbeit, um aus einem richtigen Gedanken eine technisch und wirtschaftlich lebensfähige Industrie zu schaffen, ist (Jahrzehnte später) von andern durchgeführt worden."
Wilhelm Ostwald benutzte als Reaktor dünne Rohre, in denen ein feines Platinnetz bandförmig aufgewickelt war. Das Platinverfahren wurde von ihm und seinem Mitarbeiter Eberhardt Brauer ausgebaut und ab 1906 für viele Jahre von den Chemischen Werken der Zeche Lothringen in Gerthe/Westfalen in bescheidenem technischen Maßstab auf Basis von Gaswasser durchgeführt. Endprodukt war Ammoniumnitrat. Dies brachte dem getreuen Mitarbeiter Eberhard Brauer nicht nur sichere Einnahmen, sondern auch die Hand von Elisabeth Ostwald, der Tochter von Wilhelm Ostwald.