Objekt des Monats September 2022
Porträt von Wilhelm Ostwald
Die annähernd lebensgroße Pastellzeichnung von Wilhelm Ostwald schuf Anton Klamroth (1860–1929), ein überwiegend als Porträtmaler tätiger Künstler, der seit 1892 in Leipzig lebte und dort 1893 auch eine Mal- und Zeichenschule für Damen gegründet hatte. Zu jener Zeit war Frauen der Zugang zu akademischen Studien nicht gestattet, weswegen sie wenn möglich auf private Unterweisungen auswichen. Klamroths Spezialität war die Pastell- und Aquarellmalerei. Besonders geschätzt wurde er als Portätist des Adels, vor allem des sächsischen Herrscherhauses, des Bildungsbürgertums und der akademischen Welt. Er porträtierte unter anderem das deutsche Kaiserpaar Wilhelm II. und Auguste Viktoria sowie den sächsischen König Friedrich August III.. Einige der Pastelle Anton Klamroths wurden in Berlin und Paris ausgestellt.
In Leipzig schuf er Pastelle von berühmten Bürgern der Stadt, wie den Oberbürgermeistern Dr. Carl Bruno Tröndlin (1902) und Dr. Otto Georgi (um 1913), dem Architekten Hugo Licht (um 1900) oder dem Verleger Albert Brockhaus (1913). 1904 porträtierte er auch den Chemiker und späteren Nobelpreisträger Wilhelm Ostwald, der zum Zeitpunkt der Entstehung als Professor an der Universität Leipzig im Lehrstuhl für Physikalische Chemie tätig war, bevor er 1906 nach Großbothen zog und als freier Forscher vor allem im Bereich der Farbforschung arbeitete.
Das Porträt von Wilhelm Ostwald ist ein Halbfigurenbild im Profil nach rechts. Das Pastell auf Papier hat die Maße 86 × 43 Zentimeter und wurde auf einem Holzrahmen fixiert. Das Bildnis zeichnet sich im Bereich des Kopfes durch eine feine, natur- und detailgetreue Linienführung aus, während der Körper unterhalb des Mantelkragens nur mit wenigen Linien und Flächen angedeutet wird. Da es eines der wenigen Porträts des Universalgelehrten in der Sammlung ist, wird ein besonderes Augenmerk daraufgelegt.
Von 2020 bis 2021 wurde die Pastellzeichnung restauriert. Durch wechselnde klimatische Bedingungen der vergangenen Jahrzehnte ist das Material über die Jahrzehnte versprödet und verhärtet und daher wenig flexibel. So waren im Papier Spannungen im Bereich der Ecken aufgetreten, die zu längeren Rissen und Brüchen geführt hatten. Umgeschlagene Papierränder waren stellenweise gerissen und wiesen kleine Ausrisse beziehungsweise auch eine Fehlstelle auf. Die Zeichnung selbst war vor der Restaurierung in sehr gutem Zustand, jedoch sollten kleine Schäden im Randbereich geschlossen werden, um eine weitere Beschädigung durch Handhabung nicht zu begünstigen. Mittlerweile können die Besucher im Treppenhaus des Museums eine Reproduktion besichtigen. Das Original wird heute aus konservatorischen Gründen im Depot unter geeigneten klimatischen Bedingungen aufbewahrt.