Objekt des Monats Oktober
Siegelstempel Wilhelm Ostwalds

Im Museum des Wilhelm Ostwald Parks gibt es das ehemalige Wäschezimmer zu entdecken. Dort befindet sich der Schreibtisch von Ostwalds Gattin, Helene Ostwald, die sich unter anderem um das Sortieren der Post und das Beantworten von zahlreichen Briefen im Auftrag ihres Mannes kümmerte. Wilhelm Ostwald befand, sie tue dies so sorgfältig wie niemand sonst.1 Auf diesem Schreibtisch finden sich allerlei Schreibutensilien, darunter auch ein Siegelstempel Wilhelm Ostwalds mit dem dazugehörigen roten Siegellack in einem kleinen roten Schächtelchen.
Siegel gelten als Symbol der Macht und der Autorität. Mit ihnen werden Urkunden rechtskräftig und deren Echtheit bestätigt. Funde aus Anatolien belegen die Verwendung von Siegeln in Form von Amuletten bereits seit dem 7. Jahrtausend vor Christus. Ein Siegelstempel besteht aus einem Haltegriff und einer reliefierten Platte, mit deren Hilfe man in Wachs oder Ton einen Abdruck hinterlässt, welcher dann aushärtet. Die Formen können vielgestaltig rechteckig, rund oder oval sein. Zudem wurden auch walzenförmige Rollsiegel genutzt, deren Abdruck dementsprechend länglich rechteckig ist.
Das Siegel wird entweder mit Siegelwachs oder mit Siegellack aufgebracht. Beides wird erwärmt, auf klassische Art mit Hilfe einer Kerze oder über einer Flamme. Um unerwünschten Rußspuren vorzubeugen, kann ein Löffel zu Hilfe genommen werden. Damit der Siegelabdruck gelingt, muss der Messingteil sauber und kalt sein. So bleibt kein Wachs oder Lack kleben. Der Druck an sich sollte langsam, aber bestimmt erfolgen. Siegelwachs ist flexibel und bricht auch nach vollständigem Aushärten nicht. Es wirkt eher matt und kann im Laufe der Zeit verblassen. Siegellack wird beim Erwärmen deutlich dünnflüssiger und nach dem Erkalten kann es leicht brechen. Ein Lacksiegel glänzt und macht einen hochwertigen Eindruck.
Bis zum 19. Jahrhundert schmückten Siegel nicht nur offizielle Schreiben, sondern auch private Briefe wurden damit versehen. Das Siegel verschloss den zuvor gefalteten Briefbogen, der lediglich einseitig beschriftet worden war. Papier war kostbar und so wurde eine Seite oft auch mehrfach hin und hergeschickt. Mit Erfindung des Briefkuverts um etwa 1820 war die Geschichte des Siegelstempels mitnichten beendet. Siegel stehen nach wie vor für einen bestimmten Status beziehungsweise Vertraulichkeit der Nachricht. Sie können ebenso Ausdruck der Familienzugehörigkeit sein oder Zeichen für einen besonders individuellen Stil darstellen.
Wilhelm Ostwald, der mit mehr als 5000 Menschen in Briefkontakt stand, nutzte einen schlichten Siegelstempel mit seinen Initialen W.O. in einem gestreckten achteckigen Rahmen. Der gedrechselte Handgriff ist aus dunklem Holz. Ostwalds Enkelin, Gretel Brauer, berichtete, dass der Siegellack im Hause Ostwald nicht nur zum Verschließen von Briefen, sondern auch beim Bau von Apparaten als Klebemittel zum Einsatz kam. Ein Schreiben mit Ostwalds Siegel ist in der Museumssammlung leider nicht erhalten.
1 Ostwald, Grete: Wilhelm Ostwald – Mein Vater, 1953, S.119.
Material: Holz, Messing
Maße: Höhe 65 mm, Durchmesser Knauf 30 mm, Platte 17 × 13 mm, Höhe Initialen W.O. 5 mm
Quellen: Brauer, Margarete. Mein Großvater Wilhelm Ostwald – Erlebtes und Überliefertes
www.tillmann-druck.de/historisches-die-geschichte-des-briefumschlags/
de.wikipedia.org/wiki/Stempelsiegel
www.bbaw.de/