Objekt des Monats August 2024
Farbnormen nach Wilhelm Ostwald auf Wolle
Der Chemiker Wilhelm Ostwald (1853 – 1932) erstellte ab 1914 im Auftrag des Deutschen Werkbundes ein neues, wissenschaftlich begründetes Ordnungssystem für Farben. 1924 entwickelte Ostwald den Wollatlas als Nachschlage- bzw. Referenzwerk für alle Bereiche, in denen mit gefärbter Wolle gearbeitet wurde.
Der Wollatlas, der die Farbnormen nach Wilhelm Ostwald auf Wolle zeigt, wird in einem stabilen Karton aufbewahrt, der mit weinrotem Kunstleder überzogen ist. Am Deckel sowie an den Seiten sind robuste, lederne Griffe zum Tragen und Öffnen befestigt. Im Karton befinden sich 36 einzelne Tafeln aus Pappe. Jede Tafel ist in 8 Felder unterteilt, welche die 8 Hauptfarben des Ostwaldschen Farbsystems wiedergeben: Gelb, Kress, Rot, Veil, Ultramarinblau, Eisblau, Seegrün, Laubgrün. Jedes der Felder beinhaltet drei sogenannte Docken – zopfartig verdrehte Bündel aus Wollgarn – in drei verschiedenen Färbungen. An den Docken sind Metallschildchen befestigt, auf denen das zugehörige Farbzeichen – eine Zahl und zwei Buchstaben – eingeprägt ist. Sie sind, dem 24-teiligen Ostwaldschen Farbkreis entsprechend, von 1 bis 24 fortlaufend nummeriert und von der Pappe abnehmbar. Die Kosten für den Wollatlas betrugen 1924 ca. 400 Mark und wurden beispielsweise von der Kammgarnspinnerei Augsburg, der Mechanischen Wollwarenfabrik „Sachsen“ Chemnitz und der Trikotagen-Fabrik Oberlungwitz-Hohenstein gekauft.
Die Buchstabenkombination oben links auf der Tafel zeigt den Weiß- bzw. Schwarzgehalt der Farben an. Die römischen Zahlen oben rechts bezeichnen die Reinheitsstufen der Kreise, das heißt den Anteil an bunter Vollfarbe (II – geringste Reinheit / XVI – höchste Reinheit).
Die drei wichtigsten Anwendungsgebiete des Wollatlasses sind nach Ostwalds Überzeugung: Ordnung, Verkehr und Harmonie.
So sollte mit dem Wollatlas in den Färbereien oder Farbstofffabriken eine eindeutige Ordnung hergestellt werden, da eine Sortierung nach alphabetischer oder numerischer Reihenfolge – laut Ostwald – nicht möglich war.
Im Anwendungsbereich Verkehr geht es um die Übertragung von Informationen zum Thema Farbe. Durch die Nutzung des Wollatlasses ist es nicht mehr notwendig, einzelne Farbproben vorzulegen oder zu versenden, sondern man kann das Farbzeichen aus den wissenschaftlich festgelegten Normen telegrafisch oder telefonisch weitergeben.
Beim Bereich der Harmonie „dient der Atlas ungefähr in demselben Umfange, wie das Klavier zur Erzeugung musikalischer Harmonien.“ Ostwald unterscheidet Harmonien im wertgleichen Kreis, in Schattenreihen, in Weißgleichen sowie in Schwarzgleichen. Er gibt bestimmte Abstände zwischen den Farben vor, die eine Harmonie ergeben sollen. Möchte man wissen, welche Farben zusammenpassen, sucht man sich im Wollatlas die entsprechenden Docken aus und kombiniert sie nach den Harmoniegesetzen von Ostwald miteinander.
Maße Tafeln: 32 × 35 cm
Maße Karton: 34 × 38,5 × 35 cm
Quellen: Ostwald, Wilhelm: Wollatlas – Seine Einrichtung und sein Gebrauch, o. J. / Grautoff, Dr. Ferdinand: Wilhelm Ostwalds Wollatlas, 1924 (in: Beilage der Württemberger Zeitung)